DGFP auf den Punkt: Herausforderung und Chance

Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt

In unserem neuen regelmäßig erscheinenden Formats "DGFP auf den Punkt" beziehen Vorstandsmitglieder der DGFP Stellung zu aktuellen Themen des Personalmanagements. In unserer aktuellen Ausgabe spricht Daniel Terzenbach, Vorstand Regionen, Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg über die Ergebnisse des Projektes "Job-Turbo" zur Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt. 

Viele Menschen sind in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen, um hier Schutz zu finden. Ende 2023 lebten 2,6 Millionen Flüchtlinge in Deutschland. Wenn die Menschen, die rechtmäßig bleiben dürfen, erfolgreich im Arbeitsleben ankommen, ist dies eine Bereicherung für den Arbeitsmarkt und ein entscheidender Baustein für eine gesellschaftliche Integration. Um auch weiter eine Akzeptanz in der Gesellschaft für notwendige Migration nach Deutschland zu erhalten, ist es wichtig, die rechtlichen Normen, die Schutz gewähren und Aufenthalt regeln, auch konsequent anzuwenden.

Zur Ausgangslage

Die massiven Einflüsse der Megatrends, etwa der Digitalisierung und Automatisierung, der Demografie oder Dekarbonisierung, führen am Arbeitsmarkt zu einem ungefähr ausgeglichenen Saldo zwischen neuem und wegfallendem Bedarf von Arbeits- und Fachkräften in der mittleren Zukunft.

Der Beschäftigungszuwachs geht mit einem Plus von 264 000 im Vergleich zum Vorjahr ausschließlich auf Ausländerinnen und Ausländer zurück. Die Zahl der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nahm gleichzeitig um 114 000 ab. Ohne Zuwanderung würde Deutschland also bereits heute aufgrund der demografischen Entwicklung einen Rückgang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung verzeichnen. Besonders sind ländliche Regionen betroffen, insbesondere in Ostdeutschland.

“Allein aufgrund der demografischen Entwicklung wird erwartet, dass in Deutschland in zehn Jahren – und das ist ein sehr überschaubarer Zeitraum, wenn man bedenkt, dass der Coronaausbruch schon fast fünf Jahre her ist – rund sieben Millionen Personen am Arbeitsmarkt fehlen werden, wenn nicht entschiedene Maßnahmen ergriffen werden.”

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Führt man sich dies vor Augen, wird klar, es ist wichtig, dass wir alle möglichen Register ziehen, um den Arbeits-und Fachkräftebedarf zu decken und diese Entwicklung nicht einfach auf uns zukommen lassen. Dabei spielen auch die Potenziale geflüchteter Menschen eine wichtige Rolle.

Gut eine Millionen Menschen aus den wesentlichen Asylherkunftsländern der Jahre 2015/2016 und der Ukraine sind aktuell in Beschäftigung. Die Erwerbstätigenquote geflüchteter Menschen, die vor acht Jahren nach Deutschland gekommen sind, liegt bei 68 Prozent. Betrachtet man ausschließlich die Erwerbsquote der Männer, liegt sie sogar bei 86 Prozent und damit höher als im Bevölkerungsdurchschnitt.

Jedes einzelne Erfolgsbeispiel zeigt, was möglich ist. Dennoch bleibt viel zu tun. So ist die Integration von Frauen, insbesondere aus der ersten Fluchtbewegung 2015/2016, noch kein Erfolg. Sie sind deutlich seltener in Beschäftigung. Hier müssen wir uns als Verwaltung, Unternehmen, Sozialpartner und Politik selbst fragen, ob auch an dieser Stelle nicht „mehr geht“.

Dass mehr geflüchtete Menschen in Beschäftigung kommen, da setzt auch der Job-Turbo der Bundesregierung an, den ich koordinieren durfte. 

Kernidee war und ist, geflüchtete Menschen, die über grundlegende Deutschkenntnisse verfügen und einen Integrationskurs absolviert haben, schneller in Arbeit zu bringen, ohne die Nachhaltigkeit – durch berufsbegleitende Sprachförderung und berufliche Weiterqualifizierung – aus den Augen zu verlieren.

Der Ansatz lässt sich als „Einstieg zum Aufstieg“ beschreiben. Viele Geflüchtete bringen nämlich erhebliches Wissen und berufliche Erfahrung mit, die wir in Deutschland durch langwierige und komplizierte Anerkennungsverfahren nicht im notwendigen Maße wertschätzen und nutzbar machen. Dies ist nicht nur zum Schaden der geflüchteten Menschen, es ist insgesamt für die deutsche Wirtschaft ein Problem. Denn Deutschland braucht insbesondere Fachkräfte. Acht von zehn bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Stellen sind Arbeitsangebote für Fachkräfte, die auch durch geflüchtete Menschen schneller und nachhaltiger besetzt werden könnten.

“Diese Aufgabe ist eine gesamtgesellschaftliche, bei der die Verantwortung nicht einfach auf „die Wirtschaft“ verlagert werden kann und Unternehmen bei der Integration nicht allein gelassen werden dürfen.”

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Natürlich ist es zuallererst die eigene Aufgabe, die Fachkräftebasis für das eigenen Unternehmen sicherzustellen. Bei geflüchteten Menschen ist dies allerdings ohne die Beiträge von weiteren Akteuren – insbesondere für kleine Unternehmen – besonders anspruchsvoll. Neben den Arbeitsagenturen und Jobcentern sind auch die Sozialpartner, die Kommunen und Länder sowie Beratungseinrichtungen und Migrantenorganisationen und die geflüchteten Menschen gefragt. Dazu bedarf es der notwendigen Rahmenbedingungen, etwa ausreichender Angebote der Kinderbetreuung oder unbürokratischer Prozesse der öffentlichen Hand, um Unternehmen bei der Fachkräftesicherung durch geflüchtete Menschen zu unterstützen.

Dass es geht, haben in den letzten Monaten viele Regionen im engen Schulterschluss gezeigt. Daher lassen Sie uns die fast eine Millionen Beispiele von geflüchteten Menschen, die in Deutschland Arbeit gefunden haben, als Rückenwind nutzen, um dem konjunkturellen (und zum Teil gesellschaftlichen) Gegenwind zu trotzen.

Das Interview ist zuerst in unserem Fachmagazin PERSONALFÜHRUNG Ausgabe 11/2024 erschienen.

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