„Silicon Saxony ist ein superinnovatives Ökosystem“

Infineon-CHRO Markus Fink zum Standort Dresden und zur Bedeutung einer Unternehmenskultur, in der Rechtsextremismus keinen Platz hat. 

Der Chiphersteller Infineon will zur grünen und digitalen Transformation beitragen. Er wirbt für Diversität, Internationalität und Offenheit. Markus Fink, Executive Vice President und CHRO, zeigt mit einem neu justierten HR Operating Model, dass die HR-Funktion Prozessharmonisierung, Vereinfachung, Effizienz und Digitalisierung kann – ebenso Kulturgestaltung, allerdings sei dies nicht ein originäres HR-Thema, sondern bei Infineon Sache des CEO und die Angelegenheit aller Funktionen.

Markus Fink ist seit April 2020 Executive Vice President und CHRO der Infineon Technologies AG. Er arbeitet seit 25 Jahren bei Infineon, wo er seine Karriere als HR-Manager begann und später Rollen als Director HR Vendor Management und HR Information Technology, als Senior Director HR Business Partner for Operations sowie Vice President HR Business Partners & Services innehatte. In seiner Funktion als Vice President Human Resources der Region Asia Pacific sammelte Fink Auslands- und interkulturelle Erfahrungen.

Herr Fink, viele Bürgerinnen und Bürger schauen gespannt auf die anstehenden Wahlen, unter anderem die Landtagswahl in Sachsen. Inwieweit berühren diese und die Debatten über die Zukunft unserer Demokratie Ihre jüngste Standortentscheidung zugunsten von Dresden?

Markus Fink Infineon beziehungsweise vormals Siemens ist seit mehr als zwei Jahrzehnten in Dresden ansässig. Es geht also nicht um ein neues Werk, sondern um eine bedeutende Erweiterung des bestehenden Standorts. Warum haben wir uns für Dresden entschieden? „Silicon Saxony“ ist einfach ein superinnovatives Ökosystem, und zugleich ist Dresden das Herz der „Halbleiterei“ in Europa. Wir haben dort, angefangen von der Forschung bis hin zu den verschiedenen Halbleiter-Playern, eine unglaublich gute Infrastruktur. Das hat uns die Entscheidung für die Erweiterung sehr leicht gemacht.

Und wie blicken Sie auf die Landtagswahl in Sachsen?

Fink Wir stehen als Infineon ganz klar für Offenheit und Toleranz, wir stehen für Diversität und für Internationalität. Wir haben bereits jetzt über 50 unterschiedliche Nationalitäten unter unseren 3300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Standort Dresden, und wir zeigen hier jeden Tag, dass wir in diesem internationalen Kontext erfolgreich zusammenarbeiten. Ohne Zweifel machen uns Tendenzen einer gesellschaftlichen Spaltung bei dem Thema Internationalität Sorgen, aber wir ziehen uns da nicht zurück und beziehen als Unternehmen klar Haltung. Wir haben gemeinsam mit den Infineon-Betriebsräten in Deutschland und Österreich die „Regensburger Erklärung“ abgegeben, in der wir die Grundsätze eines freiheitlichen und friedlichen Miteinanders festhalten und uns klar gegen Rechtsextremismus positionieren. Die Erklärung haben wir auch intern kommuniziert und zeigen damit der Belegschaft, dass wir fest hinter ihr stehen.

Was heißt das konkret? Was folgt personalpolitisch aus der Erklärung?

Fink In erster Linie geht es natürlich darum, intern und extern Haltung zu zeigen und damit ganz klar unsere Werte zu den Themen Diversität, Toleranz, Offenheit zu kommunizieren. Wir wollen aber nicht nur reden, wir wollen auch handeln. Wir haben uns frühzeitig mit unseren verschiedenen HR-Standortleiter*innen und weiteren Infineon-Kolleg*innen zusammengesetzt und diskutiert, welche Maßnahmen wir umsetzen können. Wir bieten beispielsweise mehrere Trainingsformate für Führungskräfte an, um ihnen Handlungssicherheit und Orientierung im Umgang mit Rechtsruck und Populismus zu geben. Für unsere Azubis bieten wir Trainings zum Thema „Wie erkenne ich Fake News?“ an. Und bei den jährlichen globalen „Diversity Days“ wird das Thema Diversität vielseitig in globalen, aber auch lokalen Aktivitäten aufgegriffen. Uns ist wichtig: Wir müssen hier klar Stellung beziehen und für das Thema sensibilisieren.

Muster für Neueinstellungen überdenken

Bereits in der DDR wurde in Dresden Mikroelektronik hergestellt. Aufgrund seiner Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie der Digitalisierungsaktivitäten ist der Standort sehr attraktiv. Auf der anderen Seite konkurrieren Sie hier mit anderen Ihrer Branche, allen voran mit TSMC oder auch mit Bosch und Globalfoundries. Wie geht der „Race for Talent“ in der Region für Infineon aus?

Fink Mit der wachsenden Strahlkraft von Silicon Saxony erhöht sich die Attraktivität des Standorts insgesamt, auch für internationale Fachkräfte. Das kommt allen zugute. Wir behaupten uns heute in diesem Umfeld schon recht gut. Woran liegt das? Ich glaube, nicht nur Dresden, sondern auch wir als Unternehmen haben einen guten Namen. Und was den Purpose angeht: Wir sind Teil der Basisindustrie für die grüne und digitale Transformation. Haben wir heute Probleme damit, offene Stellen zu besetzen? Nein! Aber: Wir müssen uns heute auf zukünftige Bedarfe vorbereiten. Die Frage, warum jemand zu Infineon kommen sollte, was also unsere Employer Value Proposition ausmacht, haben wir vor etwa eineinhalb Jahren sehr kritisch hinterfragt. Das haben wir nicht speziell für Dresden gemacht, sondern allgemein und global für Infineon, um vor der Welle zu bleiben.

Was konkret den „Race for Talents“ angeht, haben wir auch unser Einstellungsmuster geändert. Wir suchen nicht mehr die oder den fertigen Experten im Sinne von möglichst vielen Jahren Berufserfahrungen im Halbleiterbereich und einem passgenauen Profil. Wir müssen den Anteil potenzieller Kandidatinnen und Kandidaten ausweiten, im Bereich der Hochschulabsolventen, aber gerade auch im Produktionsumfeld. Daher bilden wir unseren Nachwuchs inzwischen verstärkt selbst aus. Aktuell haben wir 500 Auszubildende in Deutschland, und wir wollen weiter wachsen. Eine gute Grundausbildung zu erhalten und sich dann weiter in der Organisation entwickeln zu können, ist für uns ein zielführender Karriereweg.

Auch in Dresden?

Fink Unsere Ausbildungszahlen in Dresden sind deutlich gestiegen. Ganz wichtig ist es, sicherstellen, dass mehr Schülerinnen und Schüler sich für MINT-Berufe interessieren. Wir müssen jungen Talenten zeigen, was es bedeutet, in der Halbleiterwelt tätig zu sein. Junge Leute können sich oft kein gutes Bild machen von unseren Jobs und assoziieren diese nicht mit innovativen Produkten und Zukunftstechnologien, mit denen wir zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem Klimawandel begegnen. Und zukünftig werden wir in Dresden auch mehr Zuwanderung brauchen. Darauf müssen wir uns rechtzeitig vorbereiten, etwa im Hinblick auf die Integration der Familien internationaler Fachkräfte. Solche Fragen müssen wir jetzt im Ökosystem Silicon Saxony stellen und den Vorteil nutzen, gemeinsam mit anderen Unternehmen hier das Beschäftigungspotenzial zu erweitern.

Regionale Mobilität und Schichtarbeit

Die Allianz der Chancen bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihr Beschäftigungspotenzial zu erweitern und Menschen aus Transformationsbranchen unmittelbar wieder in Arbeit zu bringen. Welche Erfahrungen machen Sie diesbezüglich?

Fink Ein Hauptmotiv, der Allianz der Chancen beizutreten, war für mich der Gedanke: Wenn eines der teilnehmenden Unternehmen Personal abbaut und ein anderes Unternehmen offene Stellen zu besetzen hat, dann können Synergien geschaffen werden. So stellen wir gemeinsam sicher, das vorhandene Beschäftigungspotenzial optimal zu nutzen. Wir haben beispielsweise im Jobportal eines anderen Unternehmens unsere offenen Stellen sichtbar gemacht, aber ein Thema bleibt die regionale Mobilität. Jemanden davon zu überzeugen, mehrere Hundert Kilometer weiter weg zu ziehen, ist schwierig. Das muss man einfach so sagen. Ich teile aber den grundsätzlichen Ansatz, dass wir als Wirtschaft gemeinsam Transformationsprozesse gestalten.

In Dresden hat im Januar 2024 der Ausländeranteil unter den Arbeitslosen 31 Prozent betragen, der der über 50‑Jährigen deutlich mehr als 50 Prozent. Infineon gilt mit einem Anteil von 18,6 Prozent der über 50 Jahre alten Beschäftigten als junges Unternehmen. Zählen ältere Menschen für Sie mit zum Beschäftigungspotenzial?

Fink Fakt ist, dass bei Infineon in Dresden heute schon 30 Prozent der Mitarbeitenden 50 Jahre oder älter sind. Wir stellen auch ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Das Bild bei unseren „Welcome Day“ für neue Mitarbeitende ist sehr gemischt. Aber es gibt auch eine Besonderheit: Das ist die Schichtarbeit. Es braucht bei uns in vielen Berufsfeldern die Bereitschaft, in Schicht arbeiten zu wollen, und die gesundheitliche Eignung, es zu können. Das alles ist nicht immer ganz trivial. Wir haben früher relativ wenige Absolventinnen und Absolventen eingestellt, tun da jetzt aber deutlich mehr. Und wir machen heute deutlich mehr beim Thema Ausbildung.

Sie haben betont, dass Sie in Dresden ein bestehendes Werk mit heute etwa 3300 Beschäftigten ausbauen. Können Sie uns einen Einblick geben, wie sich in der Halbleiterproduktion, die einmal als personalintensiv galt, Arbeit verändert hat?

Fink Die Fabriken in der gesamten Halbleiterei werden immer intelligenter, die Produktion immer automatisierter. Einhergehend mit dieser Technologisierung verändern sich auch die Berufe. Es gibt weniger klassische Routinearbeiten, die Produktion erfordert mehr digitale Prozessüberwachung, wobei automatisierte Entscheidungshilfen unterstützen. Gleichwohl sind mehr analytische Fähigkeiten gefordert, um Entscheidungen treffen zu können, etwa ob eine Maschine gewartet werden muss. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen sich also weiterqualifizieren. Dieser Mindset wurde uns bei Infineon geradezu in die Wiege gelegt. Veränderung war bei uns einfach schon immer. Gehen mit zunehmender Technologisierung Arbeitsplätze verloren? Wir haben im Laufe der vergangenen Jahre immer mehr Arbeitsplätze geschaffen, weil wir als weltweiter Marktführer in unserem Segment auf Innovation gesetzt und den Umsatz gesteigert haben. Automatisierung heißt ja nicht, dass keine Menschen mehr gebraucht werden. Aber ich brauche sie mit anderen Kompetenzen und Qualifikationen. Für uns in HR stellt sich die Frage, wie wir unsere Kolleginnen und Kollegen weiterbilden. Und wie wir sicherstellen, dass sie dafür bereit sind. Das ist unsere Aufgabe gemeinsam mit der Produktion. Der Mindset des lebenslangen Lernens ist bei uns keine Phrase, sondern gelebte Praxis.

Digitalisierte HR-Arbeit

Sie haben bei Infineon mit dem Roll-out von LinkedIn Learning auch in der Produktion digitale Lernmöglichkeiten geschaffen. Ein Schwerpunkt Ihrer Personalarbeit ist, die Automatisierung, Standardisierung und Digitalisierung der Funktion voranzubringen. Was waren hier wichtige Projekte?

Fink Wir haben es bereits in der Vergangenheit geschafft, alle unsere HR-Daten zentral zu halten. Das klingt zunächst trivial, aber Datenexpert*innen wissen, dass es das keinesfalls ist. Wir haben also eine zentrale HR-Datenstruktur, die uns als Basis für die weitere Harmonisierung, Digitalisierung und Automatisierung von HR-Services dient. In einem zweiten Schritt haben wir globale Kernprozesse, etwa das Performance Management, standardisiert und digitalisiert. Und jetzt haben wir mit unserem One-Stop-Shop „MyHR“ noch eins draufgelegt, indem wir alle HR-Services für unsere Kundinnen und Kunden auf einer einzigen Plattform vereinen. Man muss sich das so vorstellen: Ich gehe auf die Plattform und gebe ein Stichwort zu einer bestimmten Frage ein. Dann werde ich entweder direkt zum richtigen Tool geführt, kann über MyHR einen Prozess starten oder einen Wissensartikel zum Thema lesen.

Und jetzt wollen wir unsere HR-Services weiter optimieren und digitalisieren. Dazu ist es notwendig, unsere Prozesse genau unter die Lupe zu nehmen. Und das ist für mich derzeit unser Hauptthema, denn für eine erfolgreiche Digitalisierung sind harmonisierte und durchdachte Prozesse grundlegend. Also nehmen wir im Moment wirklich jeden Prozess in die Hand und schauen: Können wir ihn global harmonisieren? Spricht aus rechtlicher Sicht etwas dagegen? Sie sehen: Das ist ein großer Aufwand, aber es ist nun mal der notwendige Schritt hin zu einer harmonisierten, digitalisierten HR-Arbeit. Wir wollen sicherstellen, dass uns rein transaktionale Themen nicht von der strategischen Arbeit abhalten. Wir wollen als HR wertschöpfend und beratend unterwegs sein. Das ist die große Reise, auf der wir uns befinden.

Sie verstehen Ihre HR-Aufgabe dezidiert als Unterstützung profitablen Wachstums bei Infineon. Aus diesem Grund haben Sie sich vom Dave-Ulrich-Modell verabschiedet. Warum?

Fink Ich weiß nicht, ob man sagen kann, dass wir uns gänzlich davon verabschiedet haben. Jedenfalls waren wir sehr klassisch im Sinne von Dave Ulrich aufgestellt. Wir sind aber in den letzten Jahren stark gewachsen und haben gemerkt, dass wir zum Teil nicht ausreichend skalieren können, Prozessharmonisierungen und Vereinfachungen nicht wirklich gut und schnell hinbekommen. Was wir getan haben Ende 2023 ist, uns viel stärker funktional aufzustellen, und zwar weltweit. Und wir haben Rollen geschärft.

In Ergänzung zu Dave Ulrich haben wir gesagt, dass es bei bestimmten HR-Funktionen eine weltweite End-to-End-Verantwortung geben muss, insbesondere beim Hiring, Learning und Leadership Development. Da haben wir gemerkt, dass es lokal immer wieder zu unterschiedlichen Interpretationen und Prozessen gekommen ist. Und nicht zuletzt haben wir die unterschiedlichen HR-Business-Partner-Rollen klarer zugeordnet und diese von transaktionalen Themen entlastet. Was dazu führt, dass wir noch mal einen weiteren Schritt näher in Richtung Businessorientierung gegangen sind. Das Verständnis für die Strategie und deren Umsetzung an jedem Standort hat sich schon jetzt deutlich verbessert.

Natürlich haben wir immer noch transaktionale Themen bei den HR Business Partnern, aber da wollen wir raus und es schaffen, dass diese komplett automatisiert in den Service Centern ablaufen, zumindest aber mit einer starken Systemunterstützung. Unsere HR Business Partner sollen in den Bereichen Wert stiften durch Team- und Organisationsentwicklung und Coaching, etwa wenn es darum geht, Führungskräften Feedback zu geben. Wir sind also nicht ganz weg von Dave Ulrich, wir haben ja immer noch HR Business Partner und auch Kompetenzcenter. Aber jetzt mit einer weitergehenden globalen Verantwortung und mit dem Fokus auf Digitalisierung.

Kultur geht alle an

Zur HR-Organisation von Infineon gehört auch die Arbeitsteilung zwischen Ihnen als CHRO und Jochen Hanebeck, der als CEO zugleich Arbeitsdirektor ist. Worin besteht Ihre Arbeitsteilung gerade in strategischen HR-Fragen?

Fink Was wir machen, und das gilt nicht nur für HR, sondern für alle Zentralfunktionen, ist, gemeinsam einmal im Jahr auf unsere Geschäftsstrategie zu schauen und diese zu übersetzen. Was das für uns als HR-Organisation und für die People-Strategie heißt und welche Prioritäten wir daraus ableiten, stimmen wir gemeinsam mit dem CEO ab. Und dann sind wir im regelmäßigen Austausch zu diesen Prioritäten, wie wir da unterwegs sind. Aber ein Thema möchte ich ganz besonders hervorheben. Als Herr Hanebeck 2022 CEO wurde, hat er sich insbesondere das Thema Kulturentwicklung vorgenommen. Und zwar mit einem klaren Fokus darauf, ambitionierte Ziele zu setzen, Verantwortung zu übernehmen und Zuständigkeiten klar zu regeln – wie wir es mit der funktionalen Ausrichtung von HR ja dann auch gemacht haben – sowie Entscheidungen rechtzeitig zu treffen und konsequent umzusetzen. In seiner Rolle als Arbeitsdirektor ist Herr Hanebeck außerdem im vierteljährlich stattfindenden Wirtschaftsausschuss dabei. Und auch unsere jährliche Betriebsräteversammlung, bei der wir uns über Themen der Personalpolitik und der wirtschaftlichen Situation mit unseren Betriebsräten austauschen, machen wir gemeinsam.

So mancher HR-Bereich beansprucht für sich, das Thema Kultur und deren Entwicklung „zu bespielen“...

Fink Da bin ich anderer Meinung. Kultur ist das, was im Unternehmen gelebt wird. Das kann man nicht zu HR schieben und sagen, macht mal was. Als HR-Organisation unterstützen wir bei der Umsetzung der Kulturentwicklung und füllen das Thema mit Leben, etwa mit Role Modelling. Jochen Hanebeck ist hier im Lead, und das finde ich auch richtig so, Kulturentwicklung betrifft alle Managementfunktionen. Das spiegelt auch die Art und Weise wider, wie wir es gemacht haben. Wir haben uns in einem sehr diversen Managementkreis zusammengesetzt und überlegt, was unsere Themen sind, wie wir unsere Kultur weiterentwickeln können.

Sie tragen in HR viele interessante Zahlen zusammen und stellen sie zur Verfügung. Ist das ein Ergebnis Ihrer ISO-Zertifizierung „Human Capital Reporting“, die ja nicht viele Unternehmen durchführen?

Fink Da stimme ich zu, so viele Dax-Unternehmen haben das noch nicht gemacht. Uns war immer wichtig, eine gewisse Transparenz sicherzustellen, um Dinge besprechbar zu machen. Transparenz zeigt dann natürlich auch, dass wir an der einen oder anderen Stelle noch nicht am Ziel sind, aber wir arbeiten daran. Nachteile sind mit dem Reporting jedenfalls nicht verbunden. Was jetzt dazu gekommen ist: Investoren und ESG. Das „S“ bekommt immer mehr Aufmerksamkeit. Mit unserem HR-Report konnten wir schon immer zeigen, dass wir sehr transparent sind. Die ISO-Zertifizierung war dann für uns ein logischer nächster Schritt. Wir haben gesagt, dann lassen wir nochmal jemand unabhängig drauf schauen, und gegenüber Investoren erwähnen wir, dass wir uns diesem Prozess stellen.

Was interessiert die Investoren besonders?

Fink Sehr stark das Thema Diversity, das muss man ganz klar sagen. Und auch Weiterbildung und Weiterentwicklung sind Themenfelder, die bei Investoren von Interesse sind. Aber vor allem Gender Diversity. Sie sehen ja an unserem HR-Report, was wir da über alle Karrierepfade hinweg für Anstrengungen unternehmen. Aber ich sage auch: Passt auf, wenn Zahlen mit anderen Unternehmen verglichen werden. Sprechen wir über die gleiche Basis? Da hilft Transparenz weiter, und ich könnte mir vorstellen, dass es irgendwann mal mehr sind, die auf der gleichen Basis berichten werden.

Personalleiter „klassisch“

Beim Blick auf Ihren Lebenslauf fällt angesichts vieler Personalleiter mit Mehrfachfunktionen oder vergangener Tätigkeiten im Business fast schon auf, dass Sie ein „klassischer“ HRler sind…

Fink Sie haben vollkommen recht. Aber diese HR-Welt hat für mich sehr verschiedene Facetten, angefangen von Outsourcing-Projekten bis hin zu IT‑, Procurement- oder Vendor-Themen. Aber es geht letztlich auch um das gesamte Stakeholdermanagement und darum, insbesondere ein Gespür zu haben für die Arbeitnehmervertreter*innen. Da tue ich mich recht leicht, dieses Orchester gut zu dirigieren. Ich fühle mich in dieser HR-Welt sehr gut aufgehoben, über Langeweile kann ich jedenfalls nicht klagen. Wir haben in HR beispielsweise die Mammutaufgabe vor uns, zu zeigen, was Digitalisierung heißt, wie Prozessharmonisierung, Vereinfachung und Effizienz gehen. Wir können zeigen, wie Kultur prägt und verändert werden kann. Aber das Wichtigste ist, nah mit unserer HR-Organisation am Geschäft zu sein und zu unterstützen, profitabel wachsen zu können – etwa durch die Integration neuer Unternehmen, wie es uns selbst in Coronazeiten gelungen ist.

Vielen Dank für das Gespräch! 

Das Gespräch führten Ralf Steuer und Rainer Spies.

Das Interview erschien zuerst in unserem Fachmagazin PERSONALFÜHRUNG 06/2024.

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