Nathalie Rau, CHRO bei Magenta Telekom Österreich, über erfolgreiche Meetingkultur und die Kluft zwischen den Generationen

Nathalie Rau hat in einigen großen deutschen Unternehmen die Personalarbeit verantwortet, bevor sie nach Österreich zu Magenta Telekom ging – auch wegen der dortigen Lernkultur. Rau gilt als Expertin für New Work.

Nathalie Rau, geboren 1975, hat im Januar 2022 als Chief HR Officer die Verantwortung für die Personalagenden bei Magenta Telekom, Wien, übernommen. Sie ist seit 2005 im HR-Bereich tätig, zunächst bei der Bertelsmann-Gruppe, wo sie 2007 zur Leiterin Personal bei Arvato Direct Services aufstieg und für mehrere Standorte zuständig war. 2011 wechselte Rau als Personalchefin zur Lufthansa-Tochter Eurowings. Anfang 2017 ging sie nach Wien zu Austrian Airlines. Dort verantwortete sie als Leiterin des Bereichs Personal und Organisation neben den klassischen Personalthemen auch die kulturelle und agile Transformation. Im Februar 2020 zog es Rau zu Universal Music nach Berlin, wo sie als Mitglied der Geschäftsleitung für Personal bis zuletzt für ein Transformationsprojekt in Richtung „Future Work“ zuständig war. Rau studierte Rechtswissenschaften in Passau, Le Mans und Toulouse.

Frau Rau, Sie sind nun seit mehr als 15 Jahren in unterschiedlichen Positionen im HR-Bereich tätig. Was hat sich seither grundlegend gewandelt?

Nathalie Rau Was sich erstens deutlich im Vergleich zu meinen Anfängen unterscheidet, ist die Tatsache, dass sich der Arbeitsmarkt gewandelt hat – hin zu einem Arbeitnehmermarkt. Als Arbeitnehmer habe ich heutzutage ganz andere Chancen und eine Vielfalt an Positionen, Möglichkeiten und neuen Jobs. Zweitens habe ich nach Corona festgestellt, dass in der Arbeitswelt die Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeitenden viel stärker in den Vordergrund gerückt sind – was eine sehr gute Entwicklung ist. Vor allem gibt es mehr Flexibilität: sei es bei Arbeitszeitmodellen, sei es von wo aus ich arbeite und wann.

Arbeitgeber müssen sich heute ganz anders präsentieren. Arbeitnehmenden bietet sich heute ein Blumenstrauß an Möglichkeiten. Sie können sich individuell für ihre Bedürfnisse das herauspicken, was gerade für ihre Lebenssituation am besten passt. Das gilt bei uns übrigens auch beim Learning. Wir bieten hier ein breites Angebot, weil wir wissen, jeder lernt anders und hat andere Bedürfnisse. 

“Als Arbeitnehmer habe ich heutzutage ganz andere Chancen und eine Vielfalt an Positionen, Möglichkeiten und neuen Jobs.”

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Drittens ist das Thema Purpose zu nennen. Warum arbeite ich eigentlich? Was will ich erreichen? Wofür steht das Unternehmen? Ist das mit meinen persönlichen Zielen und Interessen kongruent? Das merken wir in HR schon. Bewerbende stellen uns immer wieder die Frage: Wofür steht ihr als Magenta Telekom?

Wofür? Welche Aspekte in Sachen Purpose führen Sie ins Feld?

Rau Wir haben hier im Konzern unglaublich viel zu bieten – beispielsweise unser Engagement gegen Hass im Netz, wo wir große Kampagnen fahren und sehr bekannt sind. Wir waren die ersten im österreichischen Markt, die wirklich massiv gegen Hass im Netz eintreten und für Diversität stehen. Es geht aber nicht allein darum, Themen wie Pride-Paraden nach außen hin sichtbar zu unterstützen. Vielmehr kommt es auch darauf an, wie wir nach innen wirksam sein können und wie wir Diversität bei Magenta tagtäglich leben. Es geht also um Fragen wie: Wie thematisieren wir es? Was haben wir für Mitarbeitendengruppen, in denen sich die Kolleginnen und Kollegen engagieren können? Ein weiteres Beispiel für sinnstiftende Aktivitäten ist das Thema ESG: Wie gehen wir mit dem ganzen Thema grüne Ziele um? In unseren Shops haben wir schon lange alle Belege auch in digitaler Form – nur als ein kleines von vielen Beispielen. Bei unserer jährlichen Mitarbeitendenbefragung sehen wir, dass sich all diese Anstrengungen bezahlt machen und wichtig sind. Wir sehen, dass es unsere Mitarbeitenden total stolz macht, für ein solches Unternehmen zu arbeiten.

Homeoffice-Quote von 80 Prozent

„Wir arbeiten hart daran, zu den besten und familienfreundlichsten Arbeitgebern Österreichs zu zählen“, heißt es auf Ihrer Homepage. Wodurch soll das hauptsächlich gelingen?

Rau Es gibt nicht viele Unternehmen in Österreich, die beispielsweise wie wir einen Betriebskindergarten haben. Wir bieten selbst für recht kleine Kinder ab sechs Monaten erweiterte Öffnungszeiten an, wenn die Eltern das möchten. Vor allem bieten wir eine große Anzahl an Plätzen an, was auf jeden Fall ausreichend ist. Zur Familienfreundlichkeit gehört auch, dass wir flexible Arbeitsbedingungen ermöglichen. Bei uns kann man in völlig verschiedenen Arbeitszeitmodellen arbeiten, sei es kumuliert, sei es was die Anzahl der Stunden betrifft. Egal ob als Führungskraft oder nicht.

“Zur Familienfreundlichkeit gehört auch, dass wir flexible Arbeitsbedingungen ermöglichen. Bei uns kann man in völlig verschiedenen Arbeitszeitmodellen arbeiten, sei es kumuliert, sei es was die Anzahl der Stunden betrifft. Egal ob als Führungskraft oder nicht.”

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Wir haben eine sehr hohe Homeoffice-Quote – bis zu 80 Prozent. Das hängt ab von der Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Vorgesetzten. Wir bieten zudem kostenlos Unterstützung für jede Lebenslage, sei es psychologisch oder wenn man sich überlastet fühlt. Und zur Familienfreundlichkeit gehört ja vor allem auch das Thema älter werdende Generation. Es gibt eine App in Österreich namens „Alles Clara“, die wir auch finanziell unterstützt haben. Mit dieser App erhält man viele Tipps etwa rund um das Thema älter werdende Eltern, Pflege, Unterstützung bei der Beantragung von Leistungen und vieles mehr. Unsere Mitarbeitenden können diese App kostenlos nutzen.

Die Telekom sieht sich als Treiber der digitalen Transformation. Mit welchen Maßnahmen unterstützen und fördern Sie die digitale Kompetenz Ihrer Mitarbeitenden? Was sind dabei die Hauptthemen?

Rau Was ein Treiber war, warum ich zur Telekom gegangen bin, ist, welchen Stellenwert das Thema Lifelong Learning genießt. Die Vielzahl an Plattformen zum Thema Lernen ist unfassbar. Das sollte der Kern der HR-Arbeit sein: durch lebenslanges Lernen Mitarbeitenden zu ermöglichen, eigene Ziele zu erreichen. Ich habe es schon oft bemüht, aber ich mag das Bild, durch Lernen unseren Muskel zu stärken. Und zwar den Muskel, der es uns ermöglicht, dass wir in diesen Zeiten gut durchs Leben kommen. Das fängt damit an, dass ich mich schneller anpassen kann, weil ich vielleicht Kreativmethodiken gelernt habe. Aber es geht auch darum, digitale Themen zu verstehen und zu nutzen. Neben etlichen Weiterbildungsangeboten in diesem Bereich bieten wir Learning Paths über AI. Wir arbeiten auch in einigen Bereichen verstärkt mit AI-Tools.

“Die Vielzahl an Plattformen zum Thema Lernen ist unfassbar. Das sollte der Kern der HR-Arbeit sein: durch lebenslanges Lernen Mitarbeitenden zu ermöglichen, eigene Ziele zu erreichen.”

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Ein Hauptthema in der täglichen Zusammenarbeit sind für mich Zusammenarbeitstools. Wenn Teams die Möglichkeiten von Microsoft Teams wirklich komplett ausnutzen, können sie unglaublich effizient arbeiten. Alle können beispielsweise gleichzeitig an einem Dokument arbeiten. Daneben haben wir ein Format namens „Fridays for Learning“ etabliert. Dabei kommen wir als Team an einem Freitag zusammen und widmen uns gemeinsam einem Thema wie etwa AI. Außerdem nutzen wir ein AI-basiertes Skill-Management-Tool. Wir arbeiten verstärkt daran, Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, damit eigene Karrierewege zu gestalten. Das Tool schlägt einem entweder mögliche Karriereschritte vor oder Trainings, die man benötigt, um nötige oder gewünschte Skills zu erreichen. Also ich schaue der digitalisierten Zukunft ganz entspannt entgegen.

Magnet für Jüngere

Ist ein Telekommunikationsunternehmen besonders attraktiv für Jüngere, für Digital Natives?

Rau Ja, total. Wir gestalten die Zukunft, das ist ja auch unser Claim. Das spricht natürlich Jüngere an. Wer will da nicht mitgestalten? Die jüngere Generation wächst völlig vernetzt auf. Und wir haben eben die Telekommunikationsdienste und die neuen Tools sowie die innovativen Technologien, die genau diese Vernetzung fördern. Wir sind nicht nur am Puls der Zeit, sondern wir bieten auch hohe Flexibilität beim Arbeiten. Das zeigt sich bei den Bewerbungen: Die jüngere Generation ist da sehr stark vertreten.

“Die jüngere Generation wächst völlig vernetzt auf. Und wir haben eben die Telekommunikationsdienste und die neuen Tools sowie die innovativen Technologien, die genau diese Vernetzung fördern.”

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An welchen Stellen spüren Sie den Fachkräftemangel besonders?

Rau Es war schon schlimmer. Die Lage hat sich in den letzten anderthalb Jahren etwas entspannt. Aber natürlich suchen wir, wie alle anderen auch, insbesondere IT- und Tech-Talente. Vor allem Software Engineers und Talente, die sich mit Data & AI auskennen. Was uns einen großen Vorteil verschafft, ist unsere Brand und die Deutsche Telekom als Mutterkonzern. Zusammen zählen wir rund 200 000 Mitarbeitende; wir stehen für Innovation. Und das lockt Bewerberinnen und Bewerber an.

Wie gestalten Sie das Onboarding?

Rau Seit anderthalb Jahren bieten wir eine Onboarding-App an, die wir stetig weiterentwickeln. Diese erhält man vier Wochen vor Beginn des Arbeitsverhältnisses. So können sich neue Kolleginnen und Kollegen bereits mit den Werten, dem Unternehmen und der Kultur vertraut machen. Die App begleitet die ersten hundert Tage im neuen Job. Dort finden sich auch Antworten auf alle relevanten FAQs. Außerdem bekommt man direkt am ersten Tag einen Buddy. Dieser ist der persönliche Kontakt, der gut im Unternehmen vernetzt ist und natürlich für alle Fragen offen ist. Sehr hilfreich sind auch unsere Welcome Events, um Kontakte zu knüpfen. Hinzu kommen dedizierte Welcome Info-Sessions. Die sind nützlich, um die komplexe Branche und die Telekommunikationstechnologien noch besser zu durchdringen. Für Neueinsteiger kann das am Anfang ein Dschungel sein. Den zu lichten, ist das Ziel der Info-Sessions. Weiterhin bieten wir Networking Events, bei denen auch die Geschäftsführung dabei ist, damit alle Neuen diesen Magenta Spirit, der unser USP ist, spüren und netzwerken können.

Jeder soll Kunden kennenlernen

Was sind die größten Herausforderungen für einen gelungenen Onboarding-Prozess?

Rau Eine ergibt sich daraus, dass, wie gesagt, Aufgaben, Technologien und die Branche insgesamt sehr komplex sind. Da ist es am Anfang wichtig, sich auf das Relevante zu fokussieren. Eine Herausforderung ist auch, als neue Kollegin oder neuer Kollege anfangs nicht gleich in die eigene Abteilung abzutauchen, sondern sich die Zeit zu nehmen, über den Tellerrand hinauszuschauen. Die Info-Sessions helfen hierbei. Wichtig ist für uns auch, dass alle Neuen einmal unser Programm „Meet the Customer“ erleben, um unsere Kundinnen und Kunden zu spüren und zu verstehen, welche Bedürfnisse sie haben.

Jetzt haben wir viel über Einsteiger und jüngere Zielgruppen gesprochen. Aber was unternehmen Sie, um ältere Mitarbeitende länger im Unternehmen zu halten?

Rau Wichtiges Thema – auch weil wir für Diversität stehen. Es ist entscheidend, dass wir alle Zielgruppen und alle Mitarbeitenden ansprechen. Bei uns arbeiten vier Generationen unter einem Dach. Daher sprechen wir eher nicht über eine Gruppe, sondern betonen das verbindende Element. Unser Motto lautet: „Verbindet euch mehr.“ Es geht darum, generationenübergreifend als Team bestmöglich zusammen zu agieren, Teamspirit aufzubauen, sich kennenzulernen, eine gute Team-Kommunikation aufzubauen. Dafür wird ein Budget zur Verfügung gestellt, um in Teams zu investieren. Wir versuchen in allem, nicht nur bei den Arbeitsbedingungen oder im Learning, ein breites Angebot der Möglichkeiten zu offerieren, sodass jede Generation sich etwas Passendes herauspicken kann. Dadurch nehme ich keinen starken Unterschied zwischen Jungen und Alten wahr – es läuft Hand in Hand, ohne Generation Gap. Das finde ich schön.

“Es geht darum, generationenübergreifend als Team bestmöglich zusammen zu agieren, Teamspirit aufzubauen, sich kennenzulernen, eine gute Team-Kommunikation aufzubauen.”

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Das Homeoffice entwickelt sich branchenübergreifend mehr und mehr zum Reizthema. Wie stehen Sie zum hybriden Arbeiten, und wie ist das bei Magenta Telekom geregelt?

Rau Das Thema Homeoffice ist auf jeden Fall bei uns fester Bestandteil. Es kommt aber immer darauf an, was in meiner Situation oder in meiner Rolle mit meinem Vorgesetzten vereinbart wurde und was möglich ist. Hier gibt es kein „one size fits it all“, sondern jede Funktion hat andere Bedürfnisse. Intern empfehlen wir, drei Tage im Office zu sein. Erst vor Kurzem erhielten wir wieder das Feedback von neueren Mitarbeitenden, die sagen: „Es ist einfach wichtig, dass ich in den ersten Monaten eng mit meinem Team bin.“ Sonst gelänge es nicht, Fuß zu fassen. Wenn man gemeinsame Erlebnisse hat und gemeinsam arbeitet, sorgt das dafür, dass das Feuer für das Team und die Aufgabe entfacht wird. Deshalb gibt es für jedes Team einen Teamtag in der Woche. Was wichtig ist, auch für die sozialen Kontakte, für den Austausch, auch mal den inoffiziellen Austausch.

“Wenn man gemeinsame Erlebnisse hat und gemeinsam arbeitet, sorgt das dafür, dass das Feuer für das Team und die Aufgabe entfacht wird. Deshalb gibt es für jedes Team einen Teamtag in der Woche.”

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Unterstützt die Infrastruktur im Office dabei?

Rau Ja. Wir haben verschiedene Kollaborationsflächen im Haus, auch ansprechend gestaltete Zonen, in denen man sich zwangslos auf einen Kaffee treffen kann. Natürlich haben wir auch Silent Floors. Kurzum: Es gibt Bereiche für alle Bedürfnisse.

Regeln für zielführende Meetings

Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Arbeitsumgebung Flexibilität und Agilität unterstützen kann. Was unternehmen Sie in dieser Hinsicht noch? Können Sie das Konzept und die Effekte von „Magenta Work“ erklären?

Rau Magenta Work steht für die Flexibilität, die wir den Mitarbeitenden bieten. Das „Wo“ war der erste Schritt. Jetzt kümmern wir uns um das „Wie“, also wie wir zusammenarbeiten. Und mit dem Wo ist nicht nur Homeoffice und Arbeit aus dem Ausland gemeint, sondern es geht auch um die Arbeitszeitmodelle. Von kumuliert bis hin zu verschiedenen Stundenregelungen. Jetzt geht es weiter mit der Frage, wie wir noch besser zusammenarbeiten können und wie wir insbesondere Meetings effizienter gestalten können. Das ist ein existenzielles Thema, sodass wir sehr klare Empfehlungen aussprechen, wann hybride Meetings Sinn machen und wie wir sie gestalten. Das dreht sich um Fragen wie der nach Summarys. Was ist, wenn Teammitglieder nicht dabei sind? Ist es eine Holschuld, ist es eine Bringschuld? Wichtig ist, klare Regelungen zu etablieren. Zum agilen Arbeiten haben wir mehrere Pilotprojekte laufen. Gerade in Bereichen, in denen wir crossfunktional arbeiten. Da kommt es darauf an, Verantwortlichkeiten zu definieren und festzulegen, was Teams selber entscheiden. Oder das Thema Priorisierung. Auch hier müssen wir im Dialog mit den Mitarbeitenden bleiben, um zu erkennen: Ist es wirklich das Existenzielle, was wir gerade machen, oder ist es einfach nur dringlich?

“Wichtig ist, klare Regelungen zu etablieren. (...) Gerade in Bereichen, in denen wir crossfunktional arbeiten. Da kommt es darauf an, Verantwortlichkeiten zu definieren und festzulegen, was Teams selber entscheiden.”

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Was gehört zu einer erfolgreichen hybriden Meetingkultur?

Rau Den einen Schlüssel zum Erfolg habe ich auch nicht. Aber ich glaube, das Grundprinzip sollte Inklusion sein. Es ist wichtig, dass sich alle bei Meetings, sei es hybrid oder in einer anderen Form, wirklich gut einbringen können und sich nicht ausgeschlossen fühlen. Am besten wird bei Videokonferenzen auch definiert, wann die Kamera aktiviert sein soll und wann nicht. Werden Inhalte danach im Team verteilt oder nicht? Bei Meetings in Präsenz sollte eine klare Agenda festgelegt werden. Wie viele aus meinem Team werden eingeladen? Reicht eine Person, die dann alles Wesentliche weitergeben kann? Oft wird geklagt, dass es zu viele Meetings gibt. Da versuchen wir, uns zu disziplinieren. Das ist nicht Rocket Science, aber es hilft.

Und wenn wir jetzt noch mal explizit auf die Führungsebene schauen: Gibt es da Besonderheiten in Sachen flexibler, hybrider Arbeit, etwa Shared-Leadership-Modelle, die gerade aufkommen?

Rau Shared-Leadership-Modelle bieten wir an, haben aber momentan kein aktives Tandem. Für Leadership gilt der gleiche Blumenstrauß, den wir für Mitarbeitende anbieten. Bei uns werden alle Stellen auch mit der Möglichkeit zu Teilzeit ausgeschrieben, was ich sehr gut finde. Wir haben durchaus einige Führungskräfte, die in Teilzeit arbeiten. Die Herausforderung bei Shared Leadership sehe ich darin, und das habe ich schon oft miterlebt, dass man zwei Kräfte benötigt, die wirklich matchen, sich arrangieren können, auch von den persönlichen Lebensumständen und der verfügbaren Zeit her. Früher oder später hakt es oft daran – was zur Folge hat, dass die meisten, die das Modell erprobt haben, nach einiger Zeit wieder auseinandergegangen sind.

“Die Herausforderung bei Shared Leadership sehe ich darin(...), dass man zwei Kräfte benötigt, die wirklich matchen, sich arrangieren können, auch von den persönlichen Lebensumständen und der verfügbaren Zeit her.”

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Wie wird Künstliche Intelligenz die Art, wie wir arbeiten, und die Personalarbeit verändern?

Rau Wir sehen schon in ganz vielen Bereichen, wie uns das Thema AI nach vorne bringt. Etwa mit einfach nutzbaren Anwendungen wie Copilot von Microsoft Office oder ChatGPT Enterprise. Das erleichtert unseren Arbeitsalltag – und sei es nur, weil ChatGPT Protokolle verfasst, die nur gegengelesen werden müssen. Derzeit implementieren wir Eightfold, unser AI-basiertes Skill-Management-Tool. Das ist für die Mitarbeitenden super. Ich habe alles in einem Tool, alle Trainings, meine Karriereaspiration kann ich dort hinterlegen, ich kann mich weiterbilden, ich sehe Jobs, die im Konzern verfügbar sind, weil sie mir vorgeschlagen wurden. Ich als Recruiter kann zum Beispiel nachschauen, wo in meiner Organisation spezielle Profile beispielsweise eines Programmiers sitzen, wenn ich ein Projekt besetzen muss. Mit Eightfold haben wir eine unglaublich fundierte Skill-Datenbank, die es in dieser detaillierten Form bislang nicht gab. Aber: Train the Antagonist, sagt man im Sport. So sehr wir auf AI gehen, ist es auch wichtig, dass wir nicht unsere menschlichen Fähigkeiten, die es für mich im Thema AI immer brauchen wird, trainieren und berücksichtigen. Also Dinge wie kritisches Denken, emotionale Intelligenz. Es wird immer diese Komponenten brauchen, um die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu verstehen, um kritische Entscheidungen zu treffen und vor allem um kreativ zu sein.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führten Ralf Steuer und Chris Löwer.

Das Interview ist zuerst erschienen in unserem Fachmagazin PERSONALFÜHRUNG Ausgabe 03/2025.

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