Eine strategische L&D-Funktion ist (nicht) wichtig für den Unternehmenserfolg

Mit der zunehmenden Bedeutung von Personalentwicklung und Lernen als Erfolgsfaktoren für Unternehmen wachsen die Chancen für die Learning‑ & Development-Funktionen, sich strategisch zu positionieren. Aber wie definieren Unternehmen eine Lernstrategie und wie wird diese tatsächlich wirksam? 

Das Problem

In dem heutigen, sich schnell veränderndem Wirtschaftsumfeld sind Unternehmen herausgefordert, sich nicht nur reflexartig äußeren Gegebenheiten anzupassen, sondern auch richtungsweisende Beiträge zu neuen Marktentwicklungen zu leisten. Wissen ist für Organisationen ein entscheidender Fakor, um sich Wettbewerbsvorteile zu sichern und den Unternehmenserfolg zu stabilisieren (Saadat / Saadat 2016). Laut dem LinkedIn Workplace Learning Report 2024 ist das Lernen zunehmend wichtig für den Organisationserfolg. So nutzen bereits 90 Prozent der befragten Unternehmen ein breit gefächertes Weiterbildungsangebot, um ihre Mitarbeitenden an sich zu binden (LinkedIn 2024). Eine Studie des British Council (2023) beschreibt darüber hinaus, dass die „Verbindung von Lerninitiativen mit individuellen Karrierepfaden“ sowie die „Verknüpfung der L&D-Funktion mit der Mission sowie mit den Werten und Zielen“ der Organisation immer wichtiger werden. Doch wie gelingt es der L&D-Funktion, die Anforderungen des Wirtschaftsumfelds, die Bedarfe des Unternehmens und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu vereinen und sich damit strategisch zu positionieren?

Die Wissenschaft

Es gelingt über die Definition einer Lernstrategie. Denn erst die Formulierung und Konkretisierung einer Personalentwicklungs- beziehungsweise Lernstrategie ermöglicht es der L&D-Funktion, effektiv, strategisch relevant, entscheidungsfähig und anpassbar zu sein. Aus ihr lassen sich außerdem passgenaue Ziele, Rollen, Prozesse und Governance-Strukturen ableiten. Basierend auf den Erfahrungen mit über zweihundert weltweit agierenden Organisationen hat Nick van Dam in Kooperation mit McKinsey das Academies L&D Strategy Model entwickelt. Es benennt neun strategische Dimensionen, unter denen die L&D-Funktion strategisch und operational wirksam wird (McKinsey 2019). Zusammengefasst beschreiben die Dimensionen die Notwendigkeit, die Lernstrategie aus der Unternehmensstrategie abzuleiten sowie Prozesse und Strukturen aufzusetzen, die eine enge Zusammenarbeit zwischen der HR-Abteilung und den einzelnen Unternehmensbereichen ermöglichen. So wird die zielgerichtete Ausgestaltung von Lernangeboten sowie ihre Messbarkeit ermöglicht. Zudem kann die Lernstrategie als Rahmensetzung für den Aufbau von Learning Journeys wie auch den prozessual standardisierten Ablauf von Bedarfserhebung, Empfehlung sowie Umsetzung zwischen der L&D-Funktion und der restlichen Organisation (van Dam / Rijken 2021).

Die Praxis

Im besten Fall lässt sich die Lernstrategie direkt aus der Unternehmensstrategie ableiten (Becks et al. 2024). Basierend darauf gilt es, für das „Lernen in der Organisation“ eine eigene Vision zu formulieren und – neben einer strategischen Zielsetzung und Rollendefinition – auch die grundlegenden Kernelemente einer strategischen Initiative zu definieren: Messbarkeit, Skalierbarkeit, Integration und Institutionalisierung. Als Inspiration für die Definition einer Lernstrategie dienen die folgenden methodischen Ansätze: die Checkliste des British Council, die neun Dimensionen des Academies L&D Strategy Model und die Learning Strategy Canvas von Foelsing und Schmitz (2021).

Insgesamt wird deutlich: Personalentwicklung ernst zu nehmen, heißt auch, diese strategisch anzugehen. Die Lernstrategie ist die Basis, um strategische Lerninitiativen auf die Unternehmensziele und Bedürfnisse der Mitarbeitenden auszurichten und strukturiert umzusetzen. Lernen zum strategischen Schwerpunktthema zu machen, hat außerdem einen positiven Effekt auf eine lernförderliche Kultur der Organisation. Denn es zeigt, dass das Unternehmen verstanden hat, dass die Lernfähigkeit der Organisation ein entscheidender Wettbewerbsvorteil ist.

Wiebke Petsch, Consultant bei der Transformationsberatung HRpepper, Berlin

Katharina Bravo, Consultant bei der Transformationsberatung HRpepper, Berlin

Literatur

Becks, J. et al. (2024): Kultur muss wachsen. Future Skills für Führungskräfte, in: PERSONALFÜHRUNG, 2, 16-22

British Council (2023): Key L&D trends for future success: The 2024 learning and development roadmap; www.britishcouncil.or.th/sites/default/files/bc-ces-ebook-2024-ld-roadmap.pdf

Foelsing, J. / Schmitz, A. (2021): New Work braucht New Learning, Wiesbaden

LinkedIn (2024): Workplace Learning Report 2024; learning.linkedin.com/content/dam/me/business/en-us/amp/learning-solutions/images/wlr-2024/LinkedIn-Workplace-Learning-Report-2024.pdf

McKinsey (2019): The essential components of a successful L&D strategy; www.mckinsey.com/capabilities/people-and-organizational-performance/our-insights/the-essential-components-of-a-successful-l-and-d-strategy#

Saadat, V. / Saadat, Z. (2016): Organizational learning as a key role of organizational success, in: Procedia – Social and Behavioral Sciences, 230, 219-225

Van Dam, N. / Rijken, J. (2021): 49 tools for learning & development, Alphen/NL

Der Fachbeitrag ist zuerst erschienen in unserem Fachmagazin PERSONALFÜHRUNG Ausgabe 06/2024

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