Zwischen Innovation und Verunsicherung
Wie die KI-Revolution unsere Arbeitswelt (nicht) menschlicher macht
Expert*innen prognostizieren: In den nächsten zehn Jahren könnten bis zu 50 Prozent der Arbeitsplätze durch Künstliche Intelligenz automatisiert werden. Es gibt aber auch positive Effekte auf die Beschäftigung. Eine Metaanalyse zeigt die Auswirkungen von KI auf unsere Arbeitswelt auf – und wie Personalverantwortliche die Richtung positiv beeinflussen können.
Das Problem
Seit der US-amerikanische Forscher John McCarthy 1956 den Begriff Künstliche Intelligenz (KI) prägte, inspiriert diese die Forschung. Die Veröffentlichung generativer KI-Tools im Jahr 2022, wie DALL E oder ChatGPT, markiert eine Art Startschuss für die „starke KI“, die über Fähigkeiten und Funktionen verfügt, mit der das menschliche Gehirn imitiert werden kann. Eine zentrale Sorge war und ist, dass der Mensch durch KI ersetzt wird.
Die Wissenschaft
In ihrer Metaanalyse untersuchten Kolade und Owoseni (2022) 68 Quellen, die sich mit dem Einfluss der digitalen Transformation – einschließlich KI-Technologien – auf die Zukunft der Arbeit befassten. Die Autoren betonen, dass die digitale Transformation viele Arbeitsplätze automatisiert, was in Teilen zu einer Verschärfung von Ungleichheiten führte, aber dass sie auch das Potenzial hat, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Produktivität zu steigern. Insbesondere Arbeitskräfte, die stark routinemäßige Tätigkeiten ausführen, könnten durch die KI überflüssig werden. Die Metaanalyse zeigt zudem, dass Digitalisierung dazu neigt, Berufsgruppen, etwa in der IT-Branche, zu begünstigen. Dadurch könnte die Kluft zwischen gut bezahlten Positionen und niedrig entlohnten Jobs zunehmen.
Laut der jährlichen Umfrage „Future of Jobs Report 2023“ des Weltwirtschaftsforums (WEF 2023) erkennen allerdings 85 Prozent der Unternehmen jetzt schon die transformative Kraft neuer Technologien, vorwiegend der KI, und die Auswirkungen auf unterschiedliche Berufe an. Bemerkenswerterweise werden überwiegend positive Effekte auf die Beschäftigung vermutet, da man davon ausgeht, dass die Einführung zukunftsweisender Technologien mehr Berufe schaffen als eliminieren wird. Es ist daher nicht überraschend, dass 75 Prozent der befragten Unternehmen es als wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich ansehen, KI in den nächsten fünf Jahren zu integrieren.
Ein weiterer Vorteil durch das Delegieren repetitiver Aufgaben an KI sei, dass Raum für kreativere und intellektuell anspruchsvollere Tätigkeiten geschaffen wird. Die Möglichkeit, sich auf höherwertige Aufgaben zu konzentrieren, könnte zu einer Steigerung der Mitarbeitendenzufriedenheit und Produktivität führen. Mit der verstärkten Nutzung von KI werden vermehrt Fachkräfte benötigt, um diese Technologien zu verstehen, zu implementieren und zu warten. Dies könnte dazu beitragen, eine Wissensgesellschaft zu fördern und die Bedeutung von lebenslangem Lernen zu unterstreichen.
Die Praxis
Führungskräfte sind aufgerufen, die Zukunft der Arbeit aktiv mitzugestalten (WEF 2023). So plädieren Kolade und Owoseni (2022) für eine Berücksichtigung der Werte, die dieser zugrunde liegen sollten: Menschlichkeit, Nachhaltigkeit und Resilienz. Diese sollen durch einen Fokus auf dezentrales und flexibles Arbeiten, lebenslanges Lernen und gezieltes Einsetzen von Fachkräften möglich werden. Es liege an uns, die Industrie 5.0 in eine Richtung zu lenken, die diese Werte priorisiert und sicherstellt, dass Menschen und KI gewinnbringend koexistieren und kollaborieren. Das Human Business Design Framework von HRpepper, das in Transformationsprojekten eingesetzt wird, positioniert Menschen in das Zentrum positiver Veränderungen in Unternehmen. Es erfordert zukunftsorientierte Konzepte, um diese Werte in das Grundgerüst digitaler Transformationen zu integrieren.
Literatur
Kolade, O. / Owoseni, A. (2022): Employment 5.0: The work of the future and the future of work, in: Technology in Society, 71, 102086
World Economic Forum (WEF) (2023): Future of Jobs 2023; www3.weforum.org/docs/WEF_Future_of_Jobs_2023.pdf
Der Fachartikel erschien zuerst in unserem Fachmagazin PERSONALFÜHRUNG 03/2024
Autor: Francie Benning, Consultant bei der Transformationsberatung HRpepper, Berlin
Zum Fachmagazin Personalführung